Worte haben Kraft und Einfluss. Vor allem wenn es um zwischenmenschliche Beziehungen geht. Führung geschieht hauptsächlich über Sprache. Deshalb ist Sprache ein essentielles Werkzeug für die gelingende Kommunikation mit Mitarbeitenden, für Verständigung in Konflikten und um andere für Veränderung zu begeistern.
Wie wirksam Führungskräfte sind, hängt demnach stark von der Art und Weise ab, wie sie sich ausdrücken und welche Worte sie wählen. Dennoch setzen sie das Instrument der Sprache oft eher unbewusst ein.
Für eine bewusste Kommunikation ist es erst einmal wichtig zu verstehen, dass unsere Gedanken zu Worten werden.
In Gedanken halten wir Erfahrungen, Überzeugungen und Werte fest. Sie formen unsere innere Haltung und Einstellung. Durch unsere Sprache verleihen wir unserer Einstellung Ausdruck. Wenn man bedenkt, dass unser Verhalten zu ungefähr 80% von unbewussten Denkprozessen beeinflusst wird, wird klar, wie wichtig Achtsamkeit in der Sprache ist.
“Eine achtsame Sprache kann verbinden statt trennen, stärken statt schwächen und fördern statt vorwerfen.”
Wie gelingt achtsame Sprache?
Diese 4 Schritte helfen dabei eine achtsame Sprache zu entwickeln.
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Schritt 1: Beobachten statt Bewerten
Ein Teammitglied tut oder sagt etwas, das nicht Deinen Erwartungen entspricht. Vielleicht löst das ein Gefühl von Ärger oder Frust in Dir aus. In solchen Situationen reagieren wir oft schnell und unbewusst mit Interpretationen, Beschuldigungen oder Bewertungen.
Probiere etwas Neues: Halte erst einmal kurz inne.
Versuche Dich darauf zu konzentrieren, was du konkret beobachten konntest. Statt zu bewerten, beschreibe wertfrei und präzise was du gesehen oder gehört hast.
Dabei helfen Dir folgende Fragen:
Was hätte eine Kamera gefilmt? Was sind die sichtbaren Fakten?
Was habe ich gesehen oder gehört?
Wann, wie oft und wo habe ich es gesehen oder gehört?
Tipp: Vermeide Absolutismen (immer, nie, jedes Mal), Verallgemeinerungen (Männer bzw. Frau sind…), pauschale Werturteile (“Herr Huber ist unzuverlässig!”).
Achtung: Nur weil Du etwas wertfrei beschreibst, heißt das nicht, dass Du dem zustimmen musst.
Schritt 2: Gefühl benennen
Wenn Du einen Schritt weitergehen möchtest, frage Dich: Welches Gefühl löst das beobachtete Verhalten der anderen Person in mir aus?
Je klarer Dir ist, was in Dir vorgeht, desto präziser kannst Du Dich ausdrücken und Themen ansprechen. Dabei musst Du nicht unbedingt die Worte fühlen oder Gefühl verwenden.
Nutze einfach Formulierungen, wie:
“Ich bin irritiert.”
“Ich bin verwundert.”
“Ich ärgere mich.”
Tipp: Vermeide allgemeine Wörter, wie “gut” oder “schlecht”. Mach es stattdessen konkreter. Beschreibe die Qualität von “gut” mit ”glücklich, aufgeregt, erleichtert, gespannt, erfreut, dankbar” oder von “schlecht” mit “beunruhigt, frustriert, genervt, hilflos, besorgt, aufgeregt”.
Achtung: Verwechsle Gedanken nicht mit Gefühlen. Der Satz “Ich habe das Gefühl, dass das kein gutes Angebot ist.” ist ein Gedanke. Auch Vermutungen darüber, was andere von uns halten (“Ich habe das Gefühl, mein Mitarbeiter nimmt mich nicht ernst.”) oder Interpretationen, was in anderen vorgeht (“Meine Kollegin fühlt sich ignoriert.”) sind keine Gefühle.
Schritt 3: Bedürfnis verknüpfen und ausdrücken
Was andere sagen oder tun, mag ein Auslöser unserer Gefühle sein, aber nie die Ursache. Unsere Gefühle machen Bedürfnisse sichtbar. Sie entstehen in uns, ausgelöst dadurch wie wir die Worte und das Handeln anderer bewerten. Sie entstehen außerdem aus unseren jeweiligen Bedürfnissen und Erwartungen in der aktuellen Situation. Wenn Du ein schmerzhaftes Gefühl spürst, dann deutet das darauf hin, dass ein Bedürfnis nicht erfüllt ist.
Frage Dich:
“Was brauche ich?”
“Worum geht es mir?”
Beispiel:
“Ich fühle mich frustriert, weil ich nicht weiterkomme. Ich brauche Unterstützung.”
Tipp: Sprich über das was Du brauchst, statt über das was andere falsch machen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Dein Anliegen erfüllt wird, steigt dadurch an. Wenn Du jedoch in Vorwürfen kommunizierst, sieht Dein Gegenüber darin einen Angriff. Die natürlich Reaktion auf Angriff ist Verteidigung.
Bedürfnisse können sein: Verständnis, Unterstützung, Vertrauen, Teilhabe, Zugehörigkeit, Anerkennung, Wertschätzung, Sicherheit, Struktur, Ruhe, Sinn, Offenheit, Austausch, Akzeptanz, etc.
Schritt 4: Bitte formulieren
Der vierte Schritt besteht darin, eine Bitte an die andere Person zu formulieren, um die Qualität der Zusammenarbeit zu verbessern. Bedenke immer, dass der oder die andere nicht weiß, was in Dir vorgeht und was Du brauchst oder erwartest, selbst wenn es für Dich auf der Hand liegt.
Kriterien für das Formulieren einer Bitte:
1. positive Handlungssprache statt zu sagen, was man NICHT möchte
2. eine konkrete Tätigkeit beschreiben, die der oder die andere ausführen kann
3. Freiwilligkeit der Erfüllung – eine Bitte ist keine Forderung
Negative Beispiele:
“Verstehen Sie mich doch bitte!”
“Ich möchte, dass Sie mit mir frei über alles sprechen.”
Positive Beispiele:
“Bitte sagen Sie mir, was Sie von mir verstanden haben!”
“Ich hätte gerne, dass Sie mir sagen, was ich tun kann, um es Ihnen leichter zu machen, mit mir frei über alles zu sprechen.”
Tipp: Wenn jemand auf Deine Bitte mit “Nein” antwortet, heißt das nicht, dass Du Dein Anliegen aufgeben musst. Erforsche die Gründe für die Ablehnung und versuche es erneut.
Bitten-Killer:
Er sollte XY machen.
Sie müsste eigentlich tun, was ich von ihr verlange.
Ich verdiene eine Belohnung.
Ich bin berechtigt, Sie länger bleiben zu lassen.
Ich habe eine Recht auf mehr Freizeit.
In a nutshell:
Diese vier Schritte lassen sich nicht von Heute auf Morgen perfekt anwenden. Es braucht Übung, Geduld und den Wunsch nach Verständigung und Selbstverantwortung.
Konzentriere Dich am besten erst einmal auf einen der vier Schritte. Übe diesen Schritt so lange, bis er sich intuitiv anfühlt. Dann gehe zum Nächsten über.
Du bist dabei ganz frei in der Reihenfolge. Je nach Situation kannst Du die Reihenfolge verändern. Das Wichtigste ist das Bewusstsein über die vier Komponenten und eine empathische Haltung – gegenüber Dir selbst und Deinem Gegenüber. Dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass andere Dich verstehen und Du mit ihnen in Kontakt kommst.
Abschließend möchten wir mit einem Zitat: „Beobachten ohne zu Bewerten ist die höchste Form der menschlichen Intelligenz.“ (Jidda Krishnamurti, indischer Philosoph)
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Quelle:
Kauffeldt, Dr. Henry (2021): Erörterung des Modells der Einflussfaktoren auf das menschliche Verhalten, S. 16.